
Grußwort für die Wanderausstellung
„Holz macht Sachen!“

Exponat 075 – Internationales Maskenmuseum, Diedorf
Maske der Frau Perchta
Geschnitzt von Michael Stöhr, Pappelholz, 2010
Maske der Frau Perchta, der großen Muttergöttin der Steinzeit, die später in historischer Zeit mit vielen anderen Namen (Astarte, Isis, Demeter etc.) verehrt wurde.
Sie ist die Göttin der Erde und der Jahreszeiten, die im ewigen Naturkreislauf Leben gibt und wieder in sich aufnimmt. Diese Doppelfunktion Winter und Sommer – Tod und Leben versucht die Wandlungsmaske aus dem modernen Diedorfer Perchtenspiel wieder auf zu greifen.
Pappelholz ist ein kostengünstiges, leicht zugängliches und schnell nachwachsendes Schnitzmaterial. Obwohl es stark faserig ist, lässt es sich gut mit scharfen Messern bearbeiten. Aufgrund seines geringen Gewichts ist es für Masken besonders geeignet.
In der Steinzeit und im Neolithikum betrachteten die Menschen die Natur als beseelt. Jedes Tier und Objekt galt als gleichwertig dem Menschen, ein Bruder oder eine Schwester. Jagdbeute und Feldfrüchte wurden als Gaben der großen Muttergöttin betrachtet und entsprechend sparsam verwendet. Diese Einstellung wurde jedoch durch die Patriarchalisierung, hauptsächlich durch zentralasiatische Nomaden mit ihren Eroberungen unter Verwendung von Bronze- und Eisenwaffen, verdrängt. Die Vorstellung, die Erde zu beherrschen, löste die alten Bräuche um Frau Perchta auf und überlebte nur in abgelegenen Alpentälern.
Zurückgehend auf uralte Bräuche bis mindestens zur Jungsteinzeit ist der Perchtenlauf ein Fruchtbarkeitskult einer Mutter Natur (Perchta), die am Beginn des neuen vom Ackerbau bestimmten Jahres die „schlafende“ Mutter Natur mit viel Lärm und Gesang wieder aufwecken und zum Sprossen der Saat auffordern soll. Dazu liefen die tiergestaltigen Wesen stampfend und lärmend über die Felder und brachten Bewegung in den erstarrten Naturablauf.
Die Kirche hat diese alten Bräuche meist immer toleriert oder sogar in eigene Feste umgewandelt (Heilig Drei-König-Epiphanias, Mariä Lichtmess, Fronleichnam etc.)
Die Diedorfer Perchten sind nicht bösartig, unchristlich oder sektiererisch. Wir sehen in diesen ursprünglichen Bräuchen die Chance, ein anderes Verhältnis zur Natur, zu Umweltbewusstsein bei Eltern wie auch den Kindern mit einem Theaterspiel auf alten Wurzeln an zu regen. So bekommen die Kleinen von den zunächst eher furchteinflößenden Wesen in Diedorf am Ende Samen und Nüsse wie Bucheggern, Eicheln, Kastanien zum Behüten und in die Erde pflanzen geschenkt. So können sie den Werdeprozess der Natur zu Hause nach vollziehen. Beim anschließenden gemeinsamen Treffen im Hof des Maskenmuseums dürfen die Kinder in die Masken und Kostüme schlüpfen und verlieren so die Angst. Das Diedorfer Perchtenspektakel hat nichts gemeinsam mit den gewalttätigen teuflischen Krampus/Nikolausumzügen in Österreich.
Mit unserem Perchtenlauf wollen wir nicht zurück zum Heidentum oder zu einem antirationalistischen Weltbild. Wir wollen uraltes Brauchtum mit seinem Verständnis für die Natur verstehen lernen und mit Freude dafür Theater spielen. Unsere jüngsten Perchtenläufer im letzten Jahr waren 5 und 6 Jahre und das ging dann durch alle Jahrgänge.